Tourguide Beat Hinder auf der Pamir-Tour 2018

Zwischen Jurten und Motorrädern

Interview mit Beat Hinder, Motorrad-Tourguide bei MuzToo
persönlich durchgeführt von Nadine Hinder

 

Wangs, 5. November 2018

Seit knapp zwei Jahren bist du Motorrad-Tourguide in Zentralasien. Hättest du das vor ein paar Jahren gedacht?
Nein, selbstverständlich nicht. Ich habe zwar im Freundeskreis schon über mehrere Jahre Touren organisiert. Aber dass es mich mal dort hin verschlägt, hätte ich nicht gedacht.

Wie bist du dazu gekommen, für das Schweizer Unternehmen «MuzToo», Touren in diesen Ländern zu leiten?
Indem ich mal als Gast unterwegs war. Ich habe mir zu meinem 50. Geburtstag eine MuzToo-Tour gebucht und geleistet. Das war gleich die grosse Seidenstrassen-Tour; über vier Wochen von der Schweiz bis nach Kirgistan. So bin ich mit diesen Leuten in Kontakt gekommen und das Ganze ist ins Rollen gekommen. 

Tourguide Beat Hinder auf der Pamir-Tour 2018
Tourguide Beat Hinder auf der Pamir-Tour 2018

MuzToo bietet verschiedenste Touren im zentralasiatischen Raum an. Die einen dauern eine Woche, andere zwei und die Seidenstrassen-Tour, die du erwähnt hast, dauert gar einen ganzen Monat. Neu gibt es auch erste Angebote für Afrika. Welche Touren sind deine persönlichen Favoriten resp. welche möchtest du gerne mal leiten?
Das ist noch schwierig zu sagen. Also Afrika läuft unternehmerisch im Moment komplett auf einer anderen Schiene. Dazu hatte ich bis heute noch keinen Zugang. Meine Tätigkeit oder das Umfeld, in dem ich drin bin, ist primär Zentralasien. Eigentlich interessiert mich jede Tour. Es kann durchaus auch sein, dass man eine Tour zwei-, dreimal fährt, was auch seine Vorteile hat. Es gibt einem etwas Luft für Varianten, um etwas noch besser zu machen, und man ist etwas entspannter gegenüber den Gästen. Eine neue Route hat jedoch auch einen besonderen Reiz und ist eine Herausforderung, weil man sie ja eben noch nie gemacht hat und so in neue Regionen vorstösst.

Ein «Jurten»-Dorf am Songköl (typisch zentralasiatische Nomaden-Zelte)

«Ich habe vom Rohstoffhändler
über einen Gemeindepräsidenten
bis hin zu einem Pfarrer schon
alles gehabt.»

 

Wie laufen solche Touren für dich als Guide ab?
Das ist vielleicht wie etwas zwischen Militär- und Vereinsarbeit. Es geht von oben nach unten. Also zuerst, weit im Voraus, werden die Touren festgelegt, welche man übernimmt. Dann erhält man vom Unternehmen  Vorgaben, man klärt Hotelbuchungen ab, bekommt Begleitfahrer zugeteilt etc. So geht‘s dann immer mehr in die Details. Am Schluss geht es darum, die ganzen Touren und Tracks ins Navi zu programmieren, sich Allgemeininformationen und Detailinformationen zu holen und so weiter. Parallel dazu erkundigt man sich auf Wikipedia und Co. über Land und Leute und achtet darauf, was in den Zeitungen steht und in den Nachrichten kommt. So fokussiert sich das dann.

Die Reisegruppen werden jeweils wild gemischt. Es treffen Leute aufeinander, die vorher nichts voneinander gewusst- und, teils vermutlich, ausser dem Motorradfahren, kaum eine Gemeinsamkeit haben. Wie gehst du als Guide damit um?
Das ist immer ein ganz spannender Moment, wenn man seine Gruppe zum ersten Mal trifft und begrüsst. Einfach, was für Leute auf einen stossen. Das kann man nicht vorbereiten. Bis jetzt habe ich sehr positive Erfahrungen gemacht. Diese Leute sind alle hier, um etwas zu erleben, haben ein gemeinsames Ziel, wollen eine solche Tour machen und sind erfahrungsgemäss sehr unkompliziert. Aber es sind häufig auch interessante Leute, ich habe vom Rohstoffhändler über einen Gemeindepräsidenten bis hin zu einem Pfarrer schon alles gehabt. So ergeben sich auch spannende und unterhaltsame Momente, wenn man beim Essen mit diesen Leuten an einem Tisch sitzt und über Gott und die Welt diskutiert. 

Auf dem Ak-Baital-Pass auf 4‘655 m. ü. M. (Pamir-Tour 2018)

Was sollte man selber mit sich bringen, um an so einer Reise teilzunehmen resp. wie ist das Niveau dieser Touren?
Wenn wir gerade mit dem Niveau anfangen, das ist natürlich immer etwas die Schwierigkeit. MuzToo gibt in etwa Empfehlungen, auf welchem Niveau die Touren sind. Es gibt sehr viel Schotter, teilweise im Offroad-Bereich. Es wird empfohlen, vorher entsprechende Fahrkurse zu besuchen. Es ist einfach von Vorteil, wenn man etwas Reserve hat, es macht dann schlicht mehr Spass. 

Eine der grössten Herausforderungen für den Tourguide ist es, die Gruppe lesen zu können: Wie sind die Leute drauf, wer ist müde, wer fit oder nicht fit, wer ist unterfordert, wer überfordert. Es ist wichtig, die Balance in der Gruppe zu finden und Schwache nicht zu überfordern.  

Was die Leute mitbringen sollten, ist natürlich die Bereitschaft in so einem Land zu reisen. Das sind Länder mit sehr unterentwickelten Infrastrukturen. Man kann gewisse Annehmlichkeiten, die wir in Westeuropa kennen, schlicht und ergreifend nicht bieten, da nicht vorhanden. Umgekehrt ist es natürlich auch ein riesiges Potenzial Neues zu entdecken, was man in Europa nicht mehr kennt.

Irgendwo in der Wüste von Tadschikistan (Pamir-Tour 2018)

Seit wie vielen Jahren fährst du selber schon Motorrad?
Schon lange. Knapp 30 Jahre. Dies allerdings nicht immer mit der gleichen Intensität. Das mit den ausgedehnten Touren ist erst in den letzten zehn-, zwölf Jahren gekommen.

Hörst du irgendwann damit auf?
(lacht) Selbstverständlich werde ich irgendwann aufhören. Altersbedingt, gesundheitsbedingt wird es vermutlich einmal nicht mehr möglich sein. Aber ich hoffe, dass dieser Zeitpunkt möglichst spät ist.

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